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Fröhstück bi Kellermanns

Szenen einer Ehe: witzig, ironisch, bissig aber nicht verbissen.

Es könnte ein Sonntagsfrühstück werden, so wie Lotte und Rudi Kellermann es gewohnt sind. Der Frühstückstisch ist appetitlich gedeckt, der Kaffee ist frisch gebrüht, das Ei nicht zu hart und nicht zu weich. Und doch ist alles anders, denn ein Gedeck bleibt ungenutzt. Tochter Bärbel ist diese Nacht nicht nach Hause gekommen. Grund genug für Vater Rudi, übel gelaunt wieder einmal das Erziehungskonzept seiner Frau in Frage zu stellen, lieb gewordene Gewohnheiten stur zu verteidigen und die eigenen Ansichten zum Maß aller Dinge zu machen. Lotte reagiert mit Gelassenheit, kann im natürlichen Wandel durchaus Positives entdecken und sieht ein neues Lebensgefühl für sie als Eltern. Während der Kaffee abkühlt werden die Köpfe heiß.

Und hier noch ein kleiner Video Ausschnitt:
Video Link  https://youtu.be/Xt8V2VyZsYw

Besetzung

Spieler: Kirsten Mehrgardt und Michael Schmidt
Regie: Philip Lüsebrink
Souffleuse: Karin Vogt
Bühnenbild: Moritz Schmidt, Theater Lübeck
Kostüme: Christa Walczyk, Theater Lübeck
Inspizient: Holger Matthusen

Pressestimmen

Szenen einer Ehe: Die Niederdeutsche Bühne lädt zum „Fröhstück“ ein


„Berta, das Ei ist hart.“ Mit diesem Vorwurf beginnt eine der köstlichsten Loriot-Szenen. Sie endet mit dem Satz des Ehemannes: „Ich bringe sie um, morgen bringe ich sie um.“ Der Schwank von Ursula Haucke  (niederdeutsche Fassung: Gerd Meier) bietet zwei Paraderollen und endet harmonischer, mit einem Tänzchen der Eheleute Lotte und Rudi. Endlich mal wieder ein Stück bei der Niederdeutschen Bühne ohne anzügliche Witze, die zu schenkelklopfendem Gelächter verleiten. Das „Fröhstück“ ist  zwar nicht frei von Klischees, aber dem Regisseur Philip Lüsebrink gelingt es, die Zwischentöne, den durchaus feinsinnigen Humor  dieser Emanzipationsgeschichte herauszuarbeiten, ohne auf running gags zu verzichten, wenn sich Rudi der „Vertüdelung“ durch das Telefonkabel mit immer denselben Verrenkungen entzieht.
Schon beim Einblick in eine Wohnküche mit gerafften Gardinen und Küchenuhr mit Kordelaufhängung im Stil der 50er Jahre, bis ins Detail ausgearbeitet von Moritz Schmidt, und die dazu passenden Kostüme von Christa Walczyk  gab es den ersten Applaus des Publikums, das seine Niederdeutschen offensichtlich vermisst hatte.  Die Dialoge – eine Herausforderung für die Schauspieler – werden unterbrochen durch Telefongespräche mit Tochter Bärbel, Sohn Tommi, Freund Hugo. Rudi ist ein Familienvater alten Schlages, der anfangs gar nicht zu sehen ist, weil er beim Frühstück die Zeitung liest.  Ihm ist der einzige Sessel auf der Bühne vorbehalten; spätestens da ist einem das Geschlechterverhältnis klar. Kirsten Mehrgardt gibt Mutter Lotte souverän den erforderlichen schnippischen, zunächst noch leicht aufmüpfigen Ton („Wer hat schließlich die Kinder groß gezogen?“) und steigert sich bis zu lautstarken Emanzipationsausbrüchen.  Dass sie eine Stelle als Serviererin im Café Sonne angenommen hat, hat sie ihrem Mann verheimlicht. Offensichtlich stimmt bei ihr etwas nicht mehr, argwöhnt Rudi: Wieso ist seine Frau immer so müde? Sie ist ja gar nicht mehr so kommodig und die Schuhe sind auch nicht geputzt, der Knopf am Hemd nicht angenäht. Und warum wollen die Frauen unbedingt ihr eigenes Geld verdienen? Wieso kommt die Tochter abends nicht mehr nach Hause? Und nun will Lotte auch noch nach 23 Ehejahren aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausziehen! Zum einen kann Rudi, wenn ihm etwas nicht passt, nur mit Lautstärke reagieren, zum anderen hat er durchaus sympathisch wirkende, moralische Vorstellungen, was seinen Arbeitsplatz betrifft. Michael Schmidt macht aus Rudi mehr als ein Abziehbild von Ekel Alfred Tetzlaff, dem reaktionären Spießer.
Nach dieser Premiere kann man feststellen: Die Inszenierung, Lotte und Rudi und die Niederdeutschen verdienen in der neuen Spielzeit ein volles Haus, wenn wieder zum Fröhstück eingeladen wird.

Veröffentlicht in: Lübeckische Blätter 12/2021, S. 206
Jutta Kähler

 

 

 

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